Robyn Schmidt & Lovis Krüger wandern entlang der Mittelmeerküste durch Europa und berichten darüber. Das ist unser Weg.

Lovis Krüger am 25. Oct 2015, 0 Comments
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Ein kurzer Blick auf die albanische Infrastruktur

Eine Zugfahrt in Albanien ist günstig. Sie kostet weniger als einen Euro für die etwa 90 Kilometer zwischen Vora und Shkodra. 90 Kilometer – 15 Stationen – 4 Stunden. Aber vielleicht gibt es diesen Zug nicht mehr lange. Im Abteil mit einem der zersplitterten Fenster und den siffigen Polstern riecht es nach Urin. Die Fahrt ist laut:

Immerhin können sich viele AlbanerInnen eher eine Fahrt in den quietschenden Sitzen leisten als eine in diesen kleinen Bussen, die über die Serpentinen im hügeligen Hinterland semmeln – Statt Sitzgurten mit einem Rosenkranz am Rückspiegel gesichert. Der Zug ist gemütlicher. Er fährt nur noch einmal am Tag von Vora nach Shkodra. Seitdem 1990 das kommunistische Regime in Albanien abdankte, schrumpft das Liniennetz immer weiter und mehr und mehr private Autos sind auf den Straßen unterwegs. Der Liniennetzbetreiber HSH hat noch nicht mal eine funktionierende Website. »Wir haben insgesamt 34 Passagierwaggons«, sagt Eneida Elezi. Sie ist zuständig für internationale Kommunikation bei HSH. Die Holzschwellen in den Schienen würden verrotten, sagt sie, sie hätten die gesetzlichen Vorgaben für kaputte Holzschwellen schon um 50% überschritten. 2013 hat sogar der Bahnhof in der Hauptstadt Tirana dicht gemacht, damit die Hauptstraße der Hauptstadt verlängert werden konnte. »Die HSH hat der Schließung für den Passagiertransport nie zugestimmt«, sagt Eneida Elezi. Seitdem sind die Passagierzahlen noch einmal deutlich zurückgegangen.

Warum eigentlich Albanien?

Albanien ist auf dem Weg in die EU. Seit 2014 ist das Land offizieller Beitrittskandidat der europäischen Union. Außerdem fliehen viele Menschen aus Albanien in die westlicheren Länder Europas. Trotzdem muss man vielleicht ein bisschen KlassensprecherInnen-Mentalität haben, um sich für Albanien zu interessieren. Aber in dem Land leben immerhin 2,8 Millionen Menschen. Es ist im wesentlichen eine Gebirgskette an der westlichen Balkanküste. Diese Topografie erschwert die Anbindung der kleinen Gebirgsdörfer an den wesentlichen Teil von Albanien.

Reden wir über das Telefonieren

Als das kommunistische Regime 1990 plötzlich weg war, gab es in Albanien kaum Telefonleitungen nach irgendwo. Zum Glück für Albanien kam dann das Handy. Die tragbaren Telefone ersetzen das löchrige Kabelnetz. Heute ist die Netzabdeckung gut. Große Mobilfunkanbieter wie Vodafone und die Telekom sind in den Städten Albaniens omnipräsent. AlbanerInnen haben statt der Kabeltelefone einfach mehr Handys. Problem gelöst. Aber nicht alle Probleme sind so einfach aus der Welt geschafft.

Also alles gut?!

Nein, was die E-Telekommunikation angeht, hatte Albanien Glück. Die richtige Technik hat das Land zum richtigen Zeitpunkt erreicht. Das löst allerdings nur das eine Problem. Aber Infrastruktur ist viel mehr als die Möglichkeit zu kommunizieren. Albanien hat ein Müllproblem. Auf dem Land gibt es oft keine funktionierende Müllabfuhr. Deshalb sammeln viele Dörfer ihren Müll in temporären Müllhalden vor dem Dorfeingang. Oft sieht man auf den Feldern kleine Feuer – provisorische Müllverbrennungsaktionen. Das verschmutzt die albanische Umwelt. Regen wäscht den Dreck aus den Müllkippen und spült ihn in in das Grundwasser und ins Meer. Die Feuer qualmen den Schmutz in die Luft und die Nutztiere essen, was sie im Müll finden können. Und das Schlimmste: Es sieht grauenhaft aus. Der Müll verteilt sich über das ganze Land. Albanien möchte eigentlich für Touristen attraktiver werden. Die Voraussetzungen sind gut: Schöne Berge im Norden, gutes Wetter und eine sehr lange Küste eröffnen dem Land die Möglichkeit. Aber wenn es im Eingang vom Hotel nach totem Hund riecht, weiß man: Das Land hat noch einen langen Weg zu gehen.

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